IBH-Lab KMUdigital - Digitale Landwirtschaft (ABH071)

Das übergeordnete und langfristige Ziel des Projektes war die Konzeption einfach zugänglicher Lösungstemplates (Prozesse, Kennzahlen, Prototypen, Technologieradar) für die Digitalisierung der land- und ernährungswirtschaftlichen Wertschöpfung ausgewählter Bereiche (Obst-/ Gemüsebau) der Region Bodensee, die über die landwirtschaftliche Produktionskette, von der Vorleistungsindustrie über Hotels und Restaurants bis zum regionalen Einzelhandel, Informationen sammelt, verdichtet und damit die Transparenz sowie die kontinuierliche Verbesserung der Lebensmittelproduktion und -verteilung ermöglicht. Die Optimierungskriterien des Steuerungssystems sollen flexibel gestaltbar und einfach adaptierbar sein, um verschiedenen potenziellen Akteuren die Steuerung ihrer Prozesse bzw. Prozessketten entsprechend der eigenen strategischen Vorgaben zu ermöglichen. Zusätzlich zu der Konzeption einer integrierten Plattform, die als Informations- und Servicedrehscheibe allen Akteuren der Wertschöpfungskette zur Verfügung steht und den Abgleich der Informationen auf unterschiedlichen Stufen regelt, sollen Prozess- und Organisationsmodelle sowie ein Technologieradar für die einzelnen Stufen der Lebensmittelproduktion als Templates entwickelt werden.

Folgende Projektergebnisse wurden im Rahmen des Projektes erstellt und mit den assoziierten Partnern getestet und weiterentwickelt:

Referenzprozesse & Organisationsmodelle

Im Rahmen des Projekts wurden die Kernprozesse der Kohl- und Apfelproduktion in der Bodenseeregion von der Aussaat bis zur Auslieferung an Vertriebspartner detailliert untersucht und zu Prozesslandkarten, Prozess-Steckbriefen und Prozessketten verdichtet. Neben der Analyse der Kernprozesse (Aufgaben, Entscheidungen, Koordination) wurden auch die unterstützenden technologischen Funktionen detailliert beschrieben und den Prozess-Stufen zugeordnet. Nach Abschluss der Prozessanalysen wurden alle Prozesse als BPMN 2.0 Modelle modelliert und mit den Experten der verschiedenen Wertschöpfungsstufen validiert.

Eine wichtige Erkenntnis, die zu Beginn des Projektes dessen Ausrichtung bestimmte, war, dass eine vertiefte Analyse und Entwicklung solider Prozessmodelle und Technologien nur möglich ist, wenn die Auswahl der Anwendungsdomäne sehr spezifisch erfolgt. Daher entschied sich das Projektteam für die detaillierte Analyse der Wertschöpfungskette der drei Kohlgewächse Brokkoli, Blumenkohl und Romanesco, die insbesondere im Bereich Tiefkühlproduktion in der Bodenseeregion ausreichend relevant sind. In einem weiteren Schritt wurden die Analysen auf den Bereich Most- und Tafeläpfel übertragen.

Die Ergebnisse der Prozess- und Technologieanalysen der Wertschöpfungskette „Kohlgewächse“ wurde in einem ersten Schritt zu sogenannten Prozess-Steckbriefen verdichtet, welche die wesentlichen Parameter der einzelnen Prozesse übersichtlich und hochstrukturiert beschreiben. In einem weiteren Verdichtungsschritt wurden die tabellarisch aufgenommenen Prozesse als BPMN 2.0 Modelle einheitlich beschrieben und miteinander zu durchgängigen Prozessketten verbunden. Alle Prozesse werden hierarchisch im Sinne der Prozesspyramide dargestellt, an deren oberster Stelle die Prozesslandkarte der gesamten Wertschöpfung erscheint. Die verschiedenen Prozessmodelle wurden mit den passenden Steuerungsgrößen sowie durch mögliche Digitalisierungspotentiale angereichert. Inhaltlich wurden die Ergebnisse der ersten Projektphase (Schwerpunkt Kohlgewächse) in der zweiten Projektphase auf den Obstbereich (Most- und Tafeläpfel) übertragen. Dazu hat das Projektteam bereits im Herbst 2018 mit der Analyse der Prozesse der verschiedenen Wertschöpfungsstufen begonnen und erste Prozesslandkarten, Prozessteckbriefe und Potentialanalysen basierend auf Experteninterviews und Feldstudien mit verschiedenen Betrieben der Obstbaubranche durchgeführt. Die Ergebnisse der Analysen liegen als Prozess-Steckbriefe, Prozesslandkarte und grobe Prozessmodelle vor und wurden sukzessive verfeinert und zu IST- und dann Soll-Prozessen in BMPN 2.0 verdichtet.

Die Ergebnisse der Prozessanalysen wurden im Berichtszeitraum in über 25 semesterübergreifenden studentischen Gruppenarbeiten validiert, auf mögliches Technologiepotential hin untersucht und zu groben Soll-Prozessen ausgebaut. Anschließend wurden die Vorschläge mit Fachexperten geprüft und weiter verdichtet.

Technologieradar

Viele landwirtschaftliche Betriebe nutzen bereits lokale, oftmals nicht-integrierte Technologien und Informationssysteme zur Planung und Organisation der Abläufe (sogenannte Farm Management Informationssysteme). Die Größe, der Reifegrad, die technischen Kenntnisse und Ausstattungen der Betriebe unterscheiden sich im Ländervergleich und auch innerhalb eines Landes sehr stark, was die Kooperation der Akteure erschwert. Deshalb wurde der Technologieradar entwickelt.

Im Berichtszeitraum wurden entlang der Wertschöpfungsketten der Apfel- und Kohlproduktion aus den Prozessanalysen Technologiepotentiale extrahiert und zur Typisierung bestehender Technologien, die für die Untersuchungsbereiche relevant sind, systematische Literaturreviews durchgeführt. Diese wurden nach Anwendungsbereichen und Technologietypen klassifiziert und den einzelnen Prozessketten zugeordnet.

Die Ergebnisse der Technologieanalysen, der Prozessuntersuchungen und systematischen Literaturreviews wurden am Ende des Projektes in ein Gesamtmodell überführt, das als Technologieradar bestehende und sich in Entwicklung befindliche technische Funktionen anbieterneutral Prozessen und Entscheidungslogiken der Wertschöpfungsketten zuordnet. Dabei wurde eine einheitliche und intuitiv zugängliche Typisierung der Technologien gewählt, die den verschiedenen Akteuren die Selektion und Bewertung der digital vermittelten Funktionen erleichtert und potentiellen Anbietern und Beratungsunternehmen als Blueprint für die Entwicklung eigener Lösungsangebote dient.

Basis des Technologieradars ist eine Tabelle mit mehr als 400 Einträgen, in der verfügbare Technologien gesammelt und strukturiert werden. Die einzelnen Technologien können über die Plattform Agrodigital selektiert und zielgruppen- bzw. anwendungsspezifisch angezeigt werden. Details zur Nutzung und Darstellung des Technologieradars finden sich auf der Plattform Agrodigital.

Management Cockpit

Während der Analyse der Wertschöpfungsketten ist aufgefallen, dass zur Zeit in den Betrieben wenig bis gar keine Kennzahlen ermittelt werden. Beispielsweise ist weder die genaue Ausschussmenge bekannt noch der genaue Pflanzenschutzmittelverbrauch für eine Kultur. Deshalb wurde das Management-Cockpit entwickelt. Es dient zur Unterstützung von Managementaufgaben eines landwirtschaftlichen Unternehmens und bietet Unterstützung bei der Datenanalyse. Das Management-Cockpit bietet einen Einstieg in das Themenfeld Datenerfassung und -analyse. Es führt an die Berechnung und Auswertung von Kennzahlen heran und ist relativ einfach zu bedienen. Das Management-Cockpit stützt sich auf das Balanced Scorecard Modell und enthält zu jeder Dimension Kennzahlen (Umwelt, Prozesse, Finanzen, Entwicklung). Die Kennzahlen sind entlang einheitlicher Kategorien wie Zielrichtung, Kalkulation, Prozess-Stufe, Messpunkte, Technologien zur Ermittlung strukturiert. Dadurch werden die verschiedenen Arbeitspakete und Ergebnisse des Projektes (Technologieradar, Prozessmodelle) integriert und in eine Gesamtsicht mit Selektionsmöglichkeiten überführt.

Die Landwirte können ihre Ernteerträge, ihr Wasserverbrauch etc. eintragen und erhalten daraus Kennzahlen, die ihnen aufzeigen, ob sie Ihr Jahresziel erreicht haben. Zudem ist ein Mehrjahresvergleich möglich, der in Dashboards visualisiert wurde. Nebst der Auswertung von Kennzahlen, zeigt das Management-Cockpit die beeinflussbaren und nicht-beeinflussbaren Faktoren auf. So können je nach Ergebnis, direkt Maßnahmen eingeleitet werden.

Die Kernergebnisse des Projektes sind alle in eine Online-Plattform überführt worden, über die verschiedene Interessensgruppen auf die Projektresultate zugreifen können. Schlüsseltechnologien Das Ziel des Arbeitspakets bestand aus der prototypenhaften Entwicklung einer Schlüsseltechnologie. Zur Identifizierung der zu entwickelnden Technologie sollten die Erkenntnisse der Prozessanalysen und des Technologie-Monitoring genutzt werden. Mit Hilfe der neu entwickelten Schlüsseltechnologie sollen in der Analyse identifizierte Technologielücken geschlossen werden. Die Technologie soll sich problemlos in die bestehende Wertschöpfungskette einbinden lassen. Im Projekt wurden 2 relevante Schlüsseltechnologien mit verschiedenen Teilkomponenten entwickelt:

  • Verschiedene Komponenten zur Verbesserung der Kohlernte (Erntemodul Messer, Waage, KI Modul inklusive Vitalitätsmessungen)
  • Verschiedene Komponenten zur Verbesserung der Apfelernte (Roboterhand zur schonenden Pflückung des Obstes, Ki-Modul zur Reifegradbestimmung und Koordination der Bewegungen)

 

  Projekttitel

IBH-Lab KMUdigital - Digitalisierung der Land- und Ernährungswirtschaft in der Bodenseeregion (DigiLand)
Website https://www.agrodigital.ch
Projektzeitraum 15.02.2018 - 30.04.2020

Kofinanzierungssatz

EU: 70,00%

CH: 50,00%

Beteiligte Länder

DE, CH
   
   

 

Leadpartner

FHS St. Gallen, Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Institut für Qualitätsmanagement und Angewandte Betriebswirtschaft
Rosenbergstraße 59
9001 St. Gallen
Schweiz

Projektpartner

  • NTB Interstaatliche Hochschule für Technik Buchs (CH)
  • DHBW Ravensburg (DE)

 

 

Kosten

Förderung

EU:

€ 66.030,78

€ 46.221,53
Schweiz:

€ 496.395,44

€ 248.197,71
Fürstentum Liechtenstein: € 0,00 € 0,00
Gesamt: € 562.426,22
€ 294.419,24