Modellanlagen für den integrierten Pflanzenschutz (ABH015)

Ziel des Projektes war das Aufzeigen neuer Wege, wie die Produktion qualitativ hochwertiger, gesunder und weitgehend rückstandsfreier Früchte bei messbar reduziertem Pflanzenschutzmitteleinsatz realisiert werden könnte. Die Obstbranche im Wirtschaftsraum Bodensee soll hierbei grenzüberschreitend eine Vorreiterrolle übernehmen.

Im Interreg-V-Projekt «Rückstandsarme Obstproduktion – Modellanlagen zur Weiterentwicklung des Inte-grierten Pflanzenschutzes» wurden verschiedene Anbau- und Kulturtechniken variiert und mit praxisüblich bewirtschafteten Obstanlagen verglichen. Im Fokus standen insbesondere die beiden Schutzinfrastrukturen «seitliche Insektenschutznetze» und «Folienüberdachung». Das Ziel war es, den Pflanzenschutzmitteleinsatz zu optimieren und wo möglich zu reduzieren und Spuren von Pflanzenschutzmittelrückständen auf dem Erntegut zu vermindern. Die Leitkultur war der Apfel. Die errichteten Modellanlagen wurden umfassend überprüft und bewertet.

Es wurden folgende Parameter erhoben: Ertrag, Erntequalität, Lagerfähigkeit, Krankheits- und Schädlingsbefall, Nützlingsbesatz, vegetatives Wachstum, Unkrautaufkommen, Mikroklima, Pflanzenschutzmitteleinsatz und Rückstandsanalysen. Zudem wurden die Anlagen einer ökonomischen Bewertung unterzogen. Die Ergebnisse bezüglich der untersuchten LowResidue-Strategien (Angepasste Pflanzenschutzstrategie zur Rückstandsminimierung ohne Einsatz zusätzlicher Schutzinfrastrukturen) zeigen, dass sowohl mit dem Ansatz Abbauverhalten als auch Mittelwahl das Ziel der Rückstandsminimierung erreicht werden konnte. Im ersten Ansatz blieb der Pflanzenschutzmitteleinsatz (Anzahl Applikationen) vergleichbar zu Standardanlagen und es traten in den ersten drei Versuchsjahren keine Auffälligkeiten im Krankheits- und Schädlingsbefall auf. Inwieweit im einem Langzeitversuch diesbezüglich Nachteile entstehen, ist zu prüfen. Im zweiten Ansatz war der Pflanzenschutzmitteleinsatz höher als in Standardanlagen, dafür konnten keine Rückstände mehr auf den produzierten Früchten gefunden werden. Eine große Schwäche des zweiten Ansatzes besteht in der verminderten Lagerfähigkeit der Früchte.

Zusammenfassung der Ergebnisse: Mit dem Errichten von seitlichen Insektenschutznetzen konnte ein guter Schutz vor verschiedenen einfliegenden Schadinsekten erreicht werden. So waren keine Pflanzenschutzmittelbehandlungen gegen Wickler und Sägewespen nötig und der Insektizideinsatz konnte insgesamt um bis zu 60 % reduziert werden verglichen mit Standardanlagen. Diese Reduktion ist nur möglich bei einer geringen Ausgangspopulation zu Beginn der Einnetzung. Wie zu erwarten, boten die Seitennetze hingegen keinen Schutz vor Blatt- und Blutläusen. Diese Schädlinge mussten je nach regionalem Druck gleich wie in Standardanlagen reguliert werden. Durch den Einsatz einer Folienüberdachung konnte die Anzahl benötigter Applikationen mit Schorffungiziden um bis zu 90 % im Vergleich zu Standardanlagen reduziert werden. Auf Anwendungen von Fungiziden gegen Lagerfäulen konnte teilweise vollständig verzichtet werden, ohne die Lagerfähigkeit negativ zu beeinflussen. Hierbei ist zu prüfen, wie sich die Lagerfähigkeit der Früchte unter Folienabdeckung über die Jahre entwickeln wird. Andererseits begünstigte die Folienüberdachung den Befall durch Mehltau, wodurch die Anzahl der Applikationen an einem Standort erhöht werden musste. An den anderen Standorten stieg der Arbeitsaufwand durch das Ausbrechen des Primärbefalls. Auch das Auftreten der Blutlaus wurde durch die Folienüberdachung teilweise begünstigt.

Insgesamt konnte mit dem Einsatz einer Folienüberdachung die Anzahl an Pflanzenschutzmittelanwendungen (Fungizide, Insektizide und Akarizide) um bis zu 50 % reduziert werden. Die Modellanlagen mit einer Folienüberdachung und zusätzlichen seitlichen Insektenschutznetzen zeigten dieselben Vorteile bezüglich des Reduktionspotentials beim Fungizideinsatz. Durch die Kombination mit Seitennetzen konnte zudem auf den Einsatz bestimmter Insektizide, beispielsweise gegen Apfelwickler und den Apfelblütenstecher, verzichtet werden. Andere Schädlinge wie Blatt- und Blutläuse traten hingegen an einigen Standorten in den Anlagen mit Folienüberdachung und Seitennetzen verstärkt auf. Die weitere Entwicklung der Schädlings- und Nützlingspopulationen in diesen Anlagen muss in den kommenden Jahren unbedingt weiterbeobachtet werden. Insgesamt konnte mit dem Einsatz einer Folienüberdachung und seitlichen Insektenschutznetzen die Anzahl an Pflanzenschutzmittelanwendungen (Fungizide, Insektizide und Akarizide) um bis zu 60 % reduziert werden. Durch den Wegfall von Fungizid- bzw. Insektizidbehandlungen aufgrund des Einsatzes von Folienüberdachungen bzw. seitlichen Insektenschutznetzen wurden auch die Rückstände auf dem Erntegut vermindert. Die größte Reduktion konnte dabei mit der Kombination der beiden Maßnahmen erreicht werden. Ebenfalls gute Resultate erzielte die Kombination der Volleinnetzung mit einer reduzierten Fungizidstrategie.

Die ökonomischen Bewertungen haben gezeigt, dass die Erstellungs- und Jahreskosten der Modellanlagen mit Folienüberdachung und Seitennetzen im Vergleich zu den anderen Modellen sehr hoch sind. Kommt noch eine Bewässerung dazu, betragen die Erstellungskosten beispielsweise in der Schweiz zwischen 70’000 und 100‘000 Fr./ha, im Vergleich dazu eine Standardanlage zwischen 30‘000 und 40‘000 Fr./ha. Werden Biodiversitätsförderungsmassnahmen eingeführt, nehmen die Erstellungskosten zu. Dank Folienüberdachung und Seitennetzen können andererseits Fungizid- und Insektizidbehandlungen eingespart werden. Diese Kostenreduktion kann die zusätzlichen Infrastrukturkosten für Folienüberdachung und Seitennetze nicht kompensieren. Allgemein ist zu berücksichtigen, dass sich alle Aussagen auf einen dreijährigen Betrachtungszeitraum beziehen. Eine abschließende Bewertung ist verständlicherweise noch nicht möglich. Längerfristige Beobachtungen sind insbesondere bezüglich des Auftretens der Schaderreger und deren Gegenspieler notwendig, sowie zur Entwicklung der Lagerfähigkeit der Früchte. Auch können noch keine Ertragsprognosen für die kommenden Jahre gegeben werden.

 

  Projekttitel

Rückstandarme Obstproduktion - Modellanlagen zur Weiterentwicklung des Integrierten Pflanzenschutzes

Website www.kob-bavendorf.de
Projektzeitraum 01.01.2015 - 31.03.2021

Kofinanzierungssatz

EU: 60,00%

CH: 50,00%

Beteiligte Länder

DE, AT, CH
   
   

 

Leadpartner

Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee
Pflanzenschutz
Schumacherhof 6
88213 Ravensburg
Deutschland

Projektpartner

  • Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (DE)
  • Agroscope (CH)
  • AGRIDEA (CH)
  • Landwirtschaftliches Bildungs- und Beratungszentrum Arenenberg (CH)
  • Landwirtschaftliches Zentrum St. Gallen (CH)
  • Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (DE)
  • Landwirtschaftskammer Vorarlberg, Fachbereich Obst & Garten (AT)



 

 

 

 

 

 

Kosten

Förderung

EU: € 1.181.289,92
€ 708.773,93
Schweiz: € 1.442.553,46 € 721.276,73
Fürstentum Liechtenstein: € 0,00 € 0,00
Gesamt: € 2.623.843,38 € 1.430.050,66